Denkmalschutz und Denkmalpflege in Deutschland

4 Dokumentation und Schutz

4.1 Verzeichnisse und Dokumentationssysteme

4.1.1 Zuständige Behörden

Gesetzgebung und Durchführung von Denkmalschutz und Denkmalpflege gehören zu den kulturellen Aufgaben der Bundesländer. Die praktische Durchführung liegt bei den zuständigen Landesministerien, den Denkmalfachbehörden (s. 2.2 "Regionale und lokale Verwaltung") und den Städten und Gemeinden. Die Bundesregierung fördert die Erhaltung des baulichen Erbes mit verschiedenen Programmen. Die relevanten Bundesministerien sind:

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
Graurheindorfer Str. 198
53117 Bonn
TEL + 49 (0) 1888 681 0
FAX + 49 (0) 1888 681 3821
http://www.bundesregierung.de
poststelle@bkm.bmi.bund.de

Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Invalidenstraße 44
10115 Berlin
TEL + 49 (0) 30 20 08 0
FAX + 49 (0) 30 20 08 19 20
http://www.bmvbw.de
buergerinfo@bmvbw.bund.de

Bundesministerium der Finanzen
Wilhelmstr. 97
10117 Berlin
TEL + 49 (0) 1888 682 0
FAX + 49 (0) 1888 682 32 60
http://www.bundesfinanzministerium.de
poststelle@BMF.bund.de

Bundesministerium für Bildung und Forschung
Heinemannstr. 2
53175 Bonn-Bad Godesberg
TEL + 49 (0) 1888 57 0
FAX + 49 (0) 1888 57 83601
http://www.bmbf.de

Zu den Institutionen im Einzelnen und ihre Förderprogramme siehe unter 2.1.1 bis 2.1.3 und 3.1 bis 3.3.2.

 

4.1.2 Arten der Verzeichnisse

Aufgrund der föderalen Struktur und der damit verbundenen Aufgabenteilung gibt es für Deutschland kein einheitliches Inventar auf nationaler Ebene.

Die für den Denkmalschutz zuständigen Ministerien der Länder übertragen die Inventarisierung den Denkmalfachbehörden. Die Inventare werden aus den für die Denkmalförderung vorgesehenen Mitteln der Länder finanziert.

Unterschieden werden muss zwischen der von den Denkmalfachbehörden erstellten listenmäßigen Erfassung der Denkmäler als Rechtsgrundlage für die Unterschutzstellung und den Inventaren selbst, die in der Regel ebenfalls von den Denkmalfachbehörden als wissenschaftliche Grundlage für den Umgang mit den Denkmälern erstellt werden.

Die meisten Inventare werden von den jeweiligen Bundesländern erstellt. Die Inventare - Fundamentalinventare, Kurzinventare oder bebilderte Listen – unterscheiden sich je nach Art der Zweckbestimmung. Alle Inventararten sind in Arbeit, zum Teil auch bereits abgeschlossen. Im Allgemeinen werden die Informationen auf konventionelle Weise zusammengetragen. Die Datenverarbeitung hat in einigen Ländern begonnen.

Neben den allgemeinen Inventaren gibt es zunehmend auch thematische Inventare. Beispielhaft genannt seien die Inventare zum industriellen und jüdischen Erbe Nordrhein-Westfalens:

Lit.:
Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenbergbau in: Die Bau- und Kunstdenkmäler von Nordrhein-Westfalen, I. Rheinland, Walter Buschmann, Gebr. Mann Verlag Berlin 1998, 672 Seiten, ISBN 3-7861-1963-5

Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Elfi Pracht-Jörns, Bachem-Verlag Köln 1997 - 2004, 5 Bände, ISBN 3-7616-1322-9

Eine bundesweite Erfassung von Kulturdenkmälern stellt die "Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland” dar, die seit Beginn der 1980er Jahre nach im Grundsatz einheitlichen Kriterien von den Denkmalfachbehörden der Länder erarbeitet wird. Diese Denkmaltopographie mit rund 50 Einzelbänden ist noch nicht abgeschlossen.

Beispiele:
Kulturdenkmäler in Hessen – Wiesbaden II – Die Villengebiete, Landesamt für
Denkmalpflege Hessen (Hrsg.), Verlag Vieweg, Denkmaltopographie Bundesrepublik
Deutschland, Bd. XVI, ISBN 3-528-1636-8

Baudenkmale in Niedersachsen - Stadt Braunschweig, Teil 2, Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege (Hrsg.), Verlag Vieweg 1996, ISBN 3-8271-8256-5

Denkmäler in Bayern - Stadt Bad Kissingen, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hrsg.), Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Bd. VI, 1999, ISBN 3-87490-577-2

Denkmale in Berlin – Bezirk Schöneberg, Ortsteil Friedenau, Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.), Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, ISBN 3-922912-52 4

Kulturdenkmäler in Hessen - Landkreis Marburg-Biedenkopf I, Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.), Theiss Verlag Stuttgart 2002, ISBN 3-8062-1651-7

Darüber hinaus gibt es auch Inventare auf kommunaler Ebene; s. beispielsweise:

Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen: Die Stadt Minden, bearb. von Fred Kasper und Ulf-Dietrich Korn, Essen 1998 – 2003, Band 50, I – V, ISBN 3-88474-639-2

Die Denkmäler in Deutschland werden seit Jahrzehnten auch im "Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler" (im "Dehio") erfasst und ständig aktualisiert.

 

4.2 Systematik der Unterschutzstellung

4.2.1 Gesetzliche Grundlagen des Denkmalschutzes

Die Rechtsgrundlagen für Denkmalschutz und Denkmalpflege sind in den Denkmalschutzgesetzen der 16 Bundesländer geregelt. Sie definieren den Denkmalwert, Zuständigkeiten, Zugang zu Denkmälern, Aufgaben, Rechte und Pflichten der öffentlichen Hände sowie der Denkmaleigentümer. Die westlichen Bundesländer haben sich in den Jahren 1971 - 1980 Denkmalschutzgesetze gegeben, die östlichen Bundesländer nach der Wiedervereinigung Deutschlands in den Jahren 1990 bis 1994. Einige Bundesländer planen zur Zeit Novellierungen ihrer Denkmalschutzgesetze, die eine Schwächung der Position der Denkmalpflege mit sich bringen könnten.

Lit.:  Deutsche Denkmalschutzgesetze, in: Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, Bd. 54, 3. Aufl. Bonn 1997, ISSN 0723-5747

 

4.2.2  Berücksichtigung des Denkmalschutzes in Gesetzen zur Bauleitplanung und zum Umweltschutz


Die Rahmengesetzgebung in folgenden Bereichen liegt bei der Bundesregierung:

- ARTIKELGESETZ VOM 1. JUNI 1980 ZUR BERÜCKSICHTIGUNG DES DENKMALSCHUTZES IM BUNDESRECHT.
Damit ist der Denkmalschutz auf der Grundlage der im Europäischen Denkmalschutzjahr 1975 gewonnenen Erkenntnisse und Verpflichtungen in eine Reihe von Bundesgesetzen eingeführt worden (Regionalplanung, Wasserwegerecht, Bundesnaturschutzrecht, Telekommunikation usw.). Grundlage des Artikelgesetzes war eine Empfehlung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz.

- STEUERRECHT
(siehe dazu 3.3.2)

- PLANUNGSRECHT
Das Gesetz vom 25. Juli 1991 sieht vor, dass bei Stadtentwicklungsplänen auf Kulturdenkmäler Rücksicht genommen werden muss. (Diese Regelung ist in die entsprechende Gesetzgebung der Länder eingeflossen.)

 

4.2.3 Denkmalschutz: Wirkung und Durchführung

Die Verfassungen der meisten Bundesländer machen die Denkmalpflege zu einer öffentlichen Aufgabe und weisen die Zuständigkeit für den Denkmalschutz dem Land zu. In einigen Ländern aber ist Denkmalschutz Gemeinschaftsaufgabe des Landes und der Gemeinden. Ungeachtet der Zuständigkeitsverteilung (Land oder Kommunen) werden die Aufgaben allgemein von den Kommunen umgesetzt.

Je nach zwei- oder dreistufigem Verwaltungsaufbau eines Bundeslandes können die zuständigen Institutionen, die "unteren Denkmalschutzbehörden" sein, die hauptsächlich auf Kreisebene, aber auch auf kommunaler Ebene (Nordrhein-Westfalen) angesiedelt sind, die "oberen Denkmalschutzbehörden" auf Länderebene, die es jedoch nur in den größeren Bundesländern gibt, und schließlich die "oberste Denkmalschutzbehörde" im zuständigen Landesministerium (oder dem entsprechenden Senat in Stadtstaaten). Diese obersten Denkmalschutzbehörden sind Bestandteil der allgemeinen Länderregierung und die Fachaufsichtsbehörden für Denkmalschutz mit allgemeiner Zuständigkeit für alle durch die Denkmalschutzgesetze vorgeschriebenen Entscheidungen.

Neben den Denkmalschutzbehörden haben die Bundesländer technische und wissenschaftliche Denkmalpflegebehörden (Landesämter für Denkmalpflege), die die Entscheidungen über Unterschutzstellungen vorbereiten: Bestandsaufnahme und Untersuchung der Denkmäler, Unterhaltung und Restaurierung von Denkmälern im staatlichen Besitz, Hilfen (finanzieller Art) und Beratung für Privateigentümer, Öffentlichkeitsarbeit sowie Zusammenstellung und Aktualisierung der Denkmallisten.

Die Denkmalschutzverfahren variieren von Land zu Land. In Bayern z. B. werden schutzwürdige Gebäude und Bodendenkmäler durch das Landesamt für Denkmalpflege (das dem für kulturelle Angelegenheiten zuständigen Minister untersteht) in die "Denkmalliste" eingetragen. Dabei arbeitet es mit der betreffenden Kommune zusammen, die dann den beteiligten Parteien die Entscheidung mitteilt.

In jedem Land wird eine "Denkmalliste" geführt. Zwischen dem Schutz von Landschaften und Gebäuden und ihrem Status als eingetragene Denkmäler besteht aber nicht zwangsläufig ein Zusammenhang. In einigen Ländern hat die Aufnahme in die Denkmalliste lediglich deklaratorische Wirkung. Die Schutzbestimmungen des Gesetzes gelten daher für alle Gebäude, historische Stätten oder Objekte, die der gesetzlichen Definition des "Denkmals" entsprechen, ob sie in der Liste geführt werden oder nicht. In anderen Ländern hat die Listenerfassung konstitutive (rechtsbegründende) Wirkung – nur die in der Denkmalliste geführten Gebäude werden geschützt.

Der praktische Unterschied zwischen den beiden Systemen liegt darin, dass das konstitutive System mit einem Verwaltungsakt verbunden ist, der den Rechtsstatus des Gebäudes als Denkmal feststellt. Die deklaratorische Listenerfassung erfolgt ohne Verwaltungsakt. Die Frage, ob es sich bei einem Gebäude um ein Denkmal handelt oder nicht, kann so lange offen gehalten werden, bis eine eindeutige und endgültige Entscheidung über Restaurierung oder Abriss erforderlich ist. 45 % der deutschen Denkmäler fallen unter das konstitutive, 35 % unter das deklaratorische System der Denkmalerfassung.

 

4.2.4 Ebenen der Verantwortung für den Denkmalschutz

Oberste Denkmalschutzbehörde ist das jeweils zuständige Ministerium in den Ländern. Zuständig für die Unterschutzstellung von Kulturdenkmälern sind die Unteren Denkmalbehörden in den Kommunalverwaltungen. Sie stützen sich dabei auf die Arbeit der Denkmalfachbehörden (Landesämter für Denkmalpflege) der Länder. In einigen Ländern wie z. B. Bayern sind die Landesämter für Denkmalpflege unmittelbar für die Führung von Denkmallisten und für die Unterschutzstellung zuständig. (s. dazu auch 2.1.1, 2.1.2, 4.1.2)