Schlusserklärung: Das Denkmal und sein Eigentümer – das Denkmal in privater Hand

Fulda, 18. und 19. Mai 1992

Denkmalschutz und Denkmalpflege haben seit dem Europäischen Denkmalschutzjahr 1975 einen hohen Stellenwert. Er bestätigt und ermutigt diejenigen, die als private Denkmaleigentümer für ihr Denkmal sorgen. Denkmalpflege steht und fällt mit der Wirtschaftlichkeit der Erhaltung und Nutzung der Denkmäler.

Die Denkmalschutzgesetze der Länder in der Bundesrepublik Deutschland verpflichten alle Eigentümer zur Pflege ihrer Denkmäler. Der Gesetzgeber weist dabei dem Privatmann die Hauptträgerschaft der Baudenkmalpflege zu. Der private Denkmaleigentümer erfährt seine Verpflichtung oft als eine Kette gesetzlich festgelegter Ge- und Verbote, die noch dazu nach seinen Beobachtungen für den öffentlichen Denkmaleigentümer weniger verbindlich zu sein scheinen. Diese Vorschriften werden aber nur einseitig als Auflagen gehandhabt, sie geben dem Denkmaleigentümer nicht die Möglichkeit, die Denkmaleigenschaft als Anreicherung der Qualität seines Eigentums etwa bei Gefährdung des Objektes zu dessen Erhaltung einzusetzen.

Vom gesetzlich festgeschriebenen Vorschriftenkompendium einmal abgesehen, ist das Vertrauen zwischen Denkmaleigentümer und Denkmalbehörden für die Erhaltung von Kulturdenkmälern in Privathand entscheidend.

Die Teilnehmer der Fuldaer Tagung "Das Denkmal und sein Eigentümer – das Denkmal in privater Hand" am 18. und 19. Mai 1992 stellen fest, dass die Bereitschaft zum Gespräch, zum Verständnis und zur Rücksichtnahme auf die jeweiligen Aufgaben und Interessen gewachsen ist. Die mit dem Erlass der Denkmalschutzgesetze seit Mitte der 70er Jahre erarbeiteten Richtlinien der Denkmalpflege sind allgemein anerkannt. Ihre Anwendung in der täglichen Praxis lässt aber immer wieder zu wünschen übrig. Nur ein – allerdings sehr gewichtiger – Grund dafür ist, dass die amtliche Denkmalpflege die zu Recht eingeforderte fachliche Beratung nicht immer im notwendigen Umfang leisten kann.

Die Teilnehmer der Fuldaer Tagung meinen, dass im Umgang zwischen privatem Ei-gentümer und Denkmalpflege Misstrauen und noch bestehende Missverständnisse auf beiden Seiten abgebaut und vermieden werden können.

  • Tradition und emotionale Bindung machen den privaten Denkmaleigentümer zum besten Hüter und Kenner seines Baudenkmals. Er ist gleichberechtigter Partner der Denkmalschutzbehörden und an allen fachspezifischen Überlegungen zu beteiligen.
     
  • Manchmal kann ein Fachgespräch Interesse am Denkmal wecken. Umfassende Aufklärung und Einbeziehung des Eigentümers in die Denkmalkunde weckt nicht nur den Stolz auf sein Denkmal, sondern erhöht die Chance zu verantwortlicher, gemeinsamer Denkmalerhaltung.
     
  • Die Denkmalbehörden müssen sich um mehr Verständnis für den Denkmaleigentümer bemühen. Seine Vorbehalte der amtlichen Autorität gegenüber sind oft berechtigt. Erst die offene Erörterung von Konflikten macht Problemlösungen möglich.
     
  • Bei allen Veränderungen am Denkmal sind die Denkmalbehörden Anlaufstelle für kostenlose fachliche Beratung. Der Denkmaleigentümer erwartet, dass er dort unvoreingenommene Hinweise auf qualifizierte Firmen, Empfehlungen für geeignete Baustoffe und wichtige Informationen über denkmalverträgliche, Kosten sparende technische Ausrüstung erhält. Dies ist die Grundlage zur Vermeidung nicht wieder gutzumachender Schäden mit hohen Folgekosten.
     
  • Ein Baudenkmal ist keine beliebige Verfügungsmasse für Veränderungen, sondern gerade wegen seiner Besonderheiten ein wertvolles historisches Zeugnis. Das trifft auch für die weniger kenntlichen Bodendenkmäler zu. Unfachmännische Sanierungsmaßnahmen und übertriebene Nutzungen können ein Denkmal zerstören. Der Denkmaleigentümer muss damit rechnen, dass die amtliche Denkmalpflege von den gesetzlichen Möglichkeiten Gebrauch macht, um solchen Verlusten zu begegnen.
     
  • Wirksame Vorbeugung gegen Substanzverlust in der Denkmalpflege ist eine von Denkmalbehörden und Eigentümern gemeinsam entwickelte Sanierungs- und Nutzungsplanung. Nur so lassen sich die bei Baumaßnahmen an einem historischen Gebäude jederzeit möglichen Überraschungen auffangen und sinnvoll in die Gesamtplanung einbeziehen.
     
  • Wissenschaftliche Voruntersuchungen bzw. Grabungen bei Bau- oder Bodendenkmälern in Privathand dürfen nicht zum Selbstzweck werden. Die berechtigten Interessen des Eigentümers sind zu wahren und die Arbeiten zügig und zu vertretbaren Bedingungen abzuschließen. Es gelten auch hier die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit.
     
  • Die fachliche Kontinuität bei der Betreuung eines Kulturdenkmals sichert seine Erhaltung: Widerstreitende und oft als willkürlich empfundene Stellungnahmen der Denkmalbehörden mindern die Akzeptanz des Denkmalschutzes.
     
  • Grundlage im Umgang mit dem Denkmal ist die gründliche Kenntnis seiner Eigenart. Eine wichtige Rolle kommt dabei der systematischen Bestandsaufnahme durch die Inventarisation zu. Dabei sind die berechtigten Wünsche des Denkmaleigentümers nach Schutz und Sicherheit zu berücksichtigen.

Der private Denkmaleigentümer spielt bei der Bewahrung unserer Kulturlandschaften eine entscheidende Rolle. Er verdient besondere ideelle Unterstützung und finanzielle Förderung. Direkte und indirekte Förderung ergänzen sich hinsichtlich des jeweiligen Adressatenkreises. Die finanziellen Zuwendungen wie die Möglichkeiten der Steuervergünstigungen sind für die Akzeptanz des Denkmalschutzes und eine erfolgreiche Denkmalpflege unerlässlich. Beide Förderungsmaßnahmen lösen einen Investitionsschub aus, welcher ein Vielfaches des Förderungsbetrages ausmacht und in erheblichem Maße zur Förderung von qualifiziertem Handwerk und Wirtschaftsbetrieben des Mittelstandes beiträgt.

Die in den Denkmalschutzgesetzen verankerten Vorschriften mit ihren Konsequenzen treffen den Privatmann unmittelbarer und einschneidender als den öffentlichen Denkmaleigentümer: Da die finanzielle Förderung durch die öffentliche Hand nur unterstützend hinzutreten kann, liegt die Hauptlast der Erhaltung beim Privatmann. Ohne sein Engagement und seine tätige Mithilfe bis hin zu Einschränkungen seiner Lebensgewohnheiten wäre die amtliche Denkmalpflege überhaupt nicht in der Lage, ihre Aufgabe zu erfüllen.